Kindheit & Jugend

Die wilden Zwanziger

Die Lebensmitte

Ich bin Nadja Klier, geboren 1973 in Dresden als Tochter der Regisseurin, Autorin und Dokumentarfilmerin Freya Klier und des Musikers Gottfried Klier.

Aufgewachsen mit meiner Mutter Freya in der Oderberger Straße im Prenzlauer Berg, war ich mittendrin imTrubel der Ost-Berliner Künstlerszene. Ich spiele 1983 Theater in

„Die Legende vom Glück ohne Ende“, welches meine Mutter inszenierte und bekam 1985 die Hauptrolle in dem DEFA-Kinderfilm „Gritta von Rattenzuhausbeiuns“.

Danach wollte ich unbedingt Schauspielerin werden, die Einladung der Ernst Busch Schule lag schon bald auf dem Tisch. Doch daraus wurde nichts.

1986 bekommen meine Mutter und ihr Ehemann, der Liedermacher Stephan Krawczyk Berufsverbot. Sie halten sich mit illegal aufgeführten Theaterstücken und Konzerten in Kirchen finanziell über Wasser.

Anfang 1988 wurde unser Leben auf den Kopf gestellt.

Meine Mutter und Stephan wurden inhaftiert und wir drei wurden über Nacht abgeschoben in den Westen.

Nach der Ausbürgerung aus der DDR im Februar 1988, knappe zwei Jahre vorm Mauerfall, versuchten wir inWest- Berlin, ein neues Leben nach unserem alten zu beginnen. Es war nicht leicht. Ich vermisste mein altes Leben so sehr. Meine Mutter veröffentlichte ihr Tagebuch „Abreißkalender“ über ihr Leben in der DDR, Stephan machte eine neue Platte und ich machte nichts außer Erwachsen werden.

1993 machte ich mein Abitur. Das wiedervereinigte Berlin bot jungen Menschen zahlreiche Möglichkeiten, sich in der breit gefächerten Kultur- und Clubszene zu amüsieren.

Ich wusste beruflich nicht wirklich was anzufangen, der Traum Schauspielerin zu werden war mittlerweile in weite Ferne gerückt. So arbeitete ich mehrere Jahre in etablierten Restaurants und Clubs an der Bar, hatte einen Haufen Freunde und machte mir keine Gedanken über Vergangenheit oder Zukunft.

Doch sechs Jahre später spürte ich, dass das jetzt nicht alles sein kann, sonst würde ich noch mit Mitte 50 hinter einer Bar hängen.

Ich begann, visuelle Kommunikation zu studieren und spezialisierte mich kurze Zeit später auf Fotografie, was mir schon immer lag und machte am Berliner Lette-Verein die Ausbildung zur Fotodesignerin.

Seit 2001 bin ich als freischaffende Fotografin in den Bereichen Portraits und Film unterwegs. Ich portraitiere viele Künstler*innen und begleite häufig fotografisch Dreharbeiten an Filmsets und bin dadurch auch regelmäßig auf Reisen. Diese Arbeit macht mir großen Spaß, ich kann im Team und trotzdem autark arbeiten.

2009 hat mein Sohn Luis das Licht der Welt erblickt. Ich bin jeden Tag sehr glücklich darüber.

Er zeigt mir nicht nur, was bedingungslose Liebe ist, sondern auch, dass ich lange nicht wahrhaben wollte:

Dass ich über 20 Jahre lang meine Gefühle aus jener Zeit der Ausbürgerung verdrängt habe. Mich bei dieser abrupten Entwurzelung aus meiner Heimat dort selbst vergessen habe. Eine Trauma-Therapie, sowie die Ausbildung zur Yogalehrerin können diesen Knoten lösen. Parallel dazu habe ich das Schreiben für mich entdeckt und mein Arbeitsfeld erweitert.

 

2018 heirate ich Ingo Hasselbach und wir gründen die Filmproduktion „Neue Identitäten“. Wir entwickeln Stoffe für Serien, Dokumentarfilme und Bildungsprojekte. Wir halten auch Vorträge an Schulen und veranstalten Lesungen und geben über diese Auskunft zu unserem Leben in der DDR.

Durch die vielen verschiedenen Ebenen, mit denen ich mich beruflich beschäftige, fühle ich mich vollständig. Meine sehr liebevolle kleine Familie gibt mir dazu den Halt.